Eigentlich sind die Bienen friedlich. Eigentlich.Wie Bienen uns im übertragenen Sinne auch eine Lektion erteilen können, ‚durfte‘ ich diese Woche erfahren.
Ein fröhlich sonniger Morgen. Netter Besuch mit einem 3-Jährigen kam kurz vorbei, natürlich ist die Neugier groß und der Wissensdurst stark. Ich freue mich immer darüber, wenn junge Menschen am Anfang ihres Lebens sich für Interessantes auch interessieren. Es war sowieso ‚Bienentag‘, also die Wochendurchsicht, bei der wir Imker schauen, dass die Königin da ist und ob Schwarm- oder Nachschaffungszellen im Volk zu finden sind.
Die Erfahrung sagte mir für diesen Tag:
Bilderbuchvoraussetzungen.
Ich wähle das kleinste Volk, nun nicht mal ein ganzes Volk, es ist ein Ableger also eine Wabe mit einer Königinzelle aus einem anderen Volk, die zusammen mit einer Futterwabe und einer Leerwabe umgehängt wurde, damit die Königin schlüpfen und sich mit der Königin ein neues Volk entwickeln kann. Die Königin war vorletzte Woche geschlüpft, letzte Woche waren erste Stifte und junge Brut zu sehen. Eine schöne große kräftige Königin. Die bekam dann ihr blaues Krönchen (das Plättchen mit der Jahresfarbe Blau).
Für den jungen Besuch also genau das richtige Volk um rein zu schauen, da die Königin auf zwei oder drei Waben dann relativ schnell zu finden ist. Das geht auch mit Corona-Abstand (zum Imker, nicht zu den Bienen :-) ) , da trete ich dann etwas zurück und lasse den Besucher nah ans Volk. An diesem Morgen standen die Zeichen eigentlich auf ‚alles Bestens‘. Eigentlich.
Da es schon warm wurde habe ich mich an diesem positiven Sonnentag kurzerhand entschlossen, bei diesen kleinen Ablegervölkchen ohne Schleier zu arbeiten. Obwohl ich sonst eigentlich immer wenigstens einen Schleier aufsetze. Trotz allem Schutz, der Schleier nervt eben auch ab und zu. Wie die Mund-Nase-Maske. Auch meinen beiden Besuchern hatte ich keinen Schleier angeboten - habe ich im Nachhinein bemerkt.
Gerade bei den kleinen Völkchen ist das eigentlich kein Problem, wenn – wie an diesem Tag – die anderen Faktoren (Wetter, Wind, Tageszeit etc) stimmen. Die erste Randwabe mit ein paar Bienen drauf, kein Problem. Der ‚Nachwuchsneugierige’ war begeistert.
Dann ziehen wir die Brutwabe, die
Königin mit ihrem blauen Krönchen
konnten wir schnell entdecken. Das Highlight. Alles Gut. Und plötzlich haben ein paar Bienen den Imker als Feind definiert und stürzten sich auf mich (interessanterweise nur auf mich, den Jungen und seine Mutter ließen sie außen vor).
Ich hatte fast vergessen wie schmerzlich ein Bienenstich sein kann. Vor allem dann wenn es mehrere sind, und alle am Kopf. Zum Glück hat mein Körper im Laufe der Zeit eine gewisse Immunität entwickelt. Fast keine Schwellungen nur die schmerzlichen Stiche an sich v.a. wenn es z.B. ins Augenlid geht, bleiben in Erinnerung. ‚Eigentlich setzt er mittlerweile immer einen Schleier auf’ würde meine Frau jetzt sagen. Eigentlich.
Die Bienen wollen mir wohl eine eindeutige Lektion erteilen:
Genau das ist es wenn man aus Bequemlichkeit oder Lebensfreude leichtsinnig wird. So war es vor Jahren, als bei einer Inline-Skatertour am Rhein ein erfahrener Skater, mit dem ich mich vor der Tour ein wenig unterhalten hatte, wegen schönem Wetter ausnahmsweise mal ohne Helm (aber mit den sonstigen Protektoren) gestartet war. Beim einzigen kleinen Hügel und der anschließenden kleinen Abfahrt kam er ins Trudeln und stürzte. Der Krankenwagen kam, die Tour ging weiter. Wie wir später erfahren haben, hat er es nicht überlebt (Kopf auf Bordsteinkante). ‚Eigentlich fuhr er immer mit Helm' schrieben Freunde später. Eigentlich.
Der Zweite Gedanke den diese Bienenlektion hervorgebracht hat:
Bis jetzt hat es mich nicht getroffen, ich habe mich ja auch so gut wie möglich in Selbstisolation begeben bzw. auf Abstand gehalten.
Nach all den Corona-Wochen, der vermeintlichen Unbequemlichkeit mit der Alltags-Maske, den Abstandsregeln usw. sind wir dies auch mental manchmal überdrüssig. Und bei den momentanen Lockerungsdiskussionen ertappt man sich gerade an einem so fröhlichen Sonnentag selbst dabei, sich in manchen Situationen 'wie früher‘ zu verhalten; im Ansatz zumindest, bevor man es merkt. Oder dass man – zwar manchmal mit Sorge, aber trotzdem stillschweigend – hinnimmt, dass die Person gegenüber ohne Maske zu nahe kommt.
Das Hirn spielt uns ja dabei manchmal böse mit: Man fühlt sich geschützter, wenn man selbst die Maske trägt obwohl wir ja gelernt haben, dass es die Person gegenüber ist, die ich hauptsächlich mit der Maske schütze (was ja durchaus auch ein positives Gefühl ist :-) )
Und genau in so einer Situation sind wir dann angreifbar für das Virus. Im Gegensatz zu den Bienen, die sofort sichtbar und vor allem sofort spürbar sind (und in meinem Falle eben ohne Nachwirkungen), ist Corona viel übler. Dies schreibe ich nicht weil man es täglich in den Nachrichten liest. Ich musste es leider in der weiteren Verwandtschaft in verschiedenen Härtegraden konkreter mitbekommen.
‚Man soll das Glück nicht aufs Spiel setzen‘ heißt es. Auch wenn wir es nach dieser langen Zeit eigentlich gerne – bewusst oder ohne Nachdenken oder einfach aus Lebensfreude und dem Drang zur vermeintlichen Normalität – herausfordern würden. Damit man nicht anschließend hören muss (vor allem von sich selbst) ‚Eigentlich habe ich die Regelungen und Vorsichtsmaßnahmen immer eingehalten'. Eigentlich.
Die Ironie (oder vielleicht haben sich die Bienenvölker ja abgesprochen :-) ) war übrigens, dass alle anderen Völker und Ableger auf unserem Bienenstand bei der Durchsicht an diesem Tag absolut friedlich waren und es eigentlich keinen Schleier gebraucht hätte. Eigentlich. Ob das so gewesen wäre werden wir nie erfahren. Ich ziehe in Zukunft wieder den Schleier auf. Und setze sowieso immer den Skater-Helm auf (ohne ‚eigentlich’). Und die Maske bleibt wohl meine Begleitung für die nächsten Wochen.
Eigentlich sollte ich Euch jetzt ein schönes Wochenende wünschen. Eigentlich.
Aber das mache ich trotzdem. :-) . Aus sicherem digitalen Abstand und ohne Maske und Schleier.
Also ein schönes Wochenende - mit vielen positiven Gedanken.Bleibt gesund.
P.S. Habt Ihr auf dem Bild bemerkt wie die Bienen ihre Königin umringen
P.P.S. auch die WHO hat ihre Empfehlung zur Corona Maske geändert. Siehe z.B. https://www.dw.com/de/who-%C3%A4ndert-ihren-masken-standpunkt/a-53703467