Kennt Ihr das:
ich nehme mir mal eine halbe Stunde und jäte Unkraut im Frühbeet oder auf der kleinen frisch angesäten Rasenfläche. Auf anderen Flächen lassen wir der Natur freien Lauf (naja ein bisschen Kontrolle darf sein). Es soll schnell gehen, denn es gibt erfüllendere Tätigkeiten.
Ich fange an und es geht länger und länger. Gerade denke ich, alles ist geschafft … stehe auf... der kurze Kontrollblick … oh nein so schnell kann das doch gar nicht nachwachsen… v.a. Disteln haben es unserer kleinen Fläche angetan. (An anderer Stelle dürfen die Disteln wachsen, Disteln in der Blüte haben ja ihren eigenen bizarren Reiz)
Ok, umplanen ist angesagt. Den Rest des Nachmittags verbringe ich großteils auf Knien. Ich arbeite mich Quadratdezimeter für Quadratdezimeter voran. Die Fachleute unter Euch werden schnell merken, dass es sich um eine bestehende Fläche ohne neuen Mutterboden handelt, die es ‚natur-gemäß‘ in sich hat.
Als Imker stelle ich dabei fest:
Unkraut hat einen großen Vorteil gegenüber Bienen:
Unkraut ist geduldig. Ein paar Pflanzen zu übersehen ist kein Beinbruch, dann erwische ich die eben bei der nächsten Durchsicht. Bei den Bienen wäre das fataler, da ist Konzentration gefordert: eine Schwarmzelle übersehen und das Volk ist - wenn es dumm läuft - am nächsten Tag geschwärmt (also die Königin ist mit der Hälfte des Volkes verschwunden). Da hilft es auch nicht so recht, wenn ich beim nochmaligen durchschauen des Restvolkes zur Erkenntnis komme, dass ich doch eine Zelle nicht entdeckt hatte. Wahrscheinlich war ich da wieder irgendwo mit meinen Gedanken.
Beim Umgang mit Bienen lernt man dafür die mentale Gelassenheit:
Wenn ihr schon mal mit Bienen zu tun hattet, werdet Ihr Euch sicherlich daran erinnern: Beim ersten Mal am Bienenvolk ist man überwältigt vom Summen und Umherschwirren der Bienen. Beides sind Alarmzeichen oder gar Angstauslöser für den Menschen. Man fühlt sich unwohl. Je länger man erst mal mit Schleier bei den Bienen ist, gewöhnt man sich an das Geräusch und daran, dass die Bienen nur außen am Schleier sind und nicht innen (hoffentlich jedenfalls). Die sich steigernde mentale Gelassenheit ist spürbar, da können noch so viele Bienen umherschwirren oder am Schleier klettern, man kann sich auf die Imkerarbeit konzentrieren (meistens jedenfalls).
Beim Unkrautjäten darf man gedanklich abschweifen.
Die therapeutisch / kreative Funktion des Unkrautjätens ist auf alle Fälle bemerkenswert. Habt Ihr das auch schon bemerkt? Wenn nicht, erfreut Euch beim nächsten Mal während ihr Unkraut jätet über die eigenen Gedankenflüge… und vor allem haltet sie fest! Vielleicht entsteht ja auch ein Beitrag für irgendwas. Sei es für eine kreative Geburtstagskarte, eine tolle Formulierung oder längere Textpassagen oder der geniale gewinnbringende Gedanke für eine Erfindung.
Was bei mir da so entstand, sind z.B. meine Beiträge zum
Wettbewerb #Maskenliebe, initiiert von der Stadt Karben mit der ev. Gesamtkirchengemeinde. Auf Knien und dem Boden zugewandt kreisen meine Gedanken um das Thema des Wettbewerbs, um ‚Corona’ und meine eigene Einstellung zum Thema Alltags-Maske; die Näherinnen (und bestimmt auch Näher), die selbstlos uns mit Masken versorgt haben; die täglichen Berichte in den Corona-Live-Blogs von ARD und ZDF; die Leichtsinnigkeit mit der manche Mitbürger und Staatsoberhäupter durch Nicht-tragen der Maske andere gefährden; die Entbehrungen, die durch die Pandemie damit einhergehen; dass ich z.B. meinen lieben Vater eben nicht besuche, sondern nur telefoniere (er würde sich sicherlich sehr über einen Besuch freuen; wie er sagt, er könnte es aber nicht ertragen, wenn wir uns aufgrund dieser Fahrt anstecken (wie ehrenwert ... oder einfach nur vernünftig); die Gelegenheiten, bei denen ich mich selbst erwische, auf die Maske verzichten zu wollen; die Erkenntnis, dass das purer Egoismus zu lasten Anderer wäre, wenn ich es trotzdem tun würde… Sicher hat jeder von Euch seine eigene Sichtweise und Geschichten dazu.
Mehrmals werden Ideen und Teilaspekte sortiert, wie das als Beitrag aussehen kann, die Grundidee durchdacht und gedanklich ausgefeilt, nebenbei werden die Wurzeln der Disteln gezogen (ja ich weiß, es sollte umgekehrt sein, Konzentration auf das Unkraut und wenn nebenbei noch ‚etwas entsteht‘ umso schöner :-) )
Nach Beendigung nehme ich Papier und Stift oder gehe an den Rechner und muss die Bilder im Kopf zumindest kurz fest halten und anschließend 'nur noch' sichtbar für Andere machen.
Die Ergebnisse meiner Gedankenstränge findet Ihr in den Galerien unten bzw. auch auf Facebook unter dem
#maskenliebe.
Zu jedem Werk sind auch die Gedanken dazu beigefügt. Das schöne an dem Wettbewerb ist, dass es in erster Line um das Thema an sich geht, wie vielfältig die Alltagsmaske und Corona kreativ beleuchtet werden kann. Das Gewinnen oder nicht ist zweitrangig, dafür ist das Thema viel zu wichtig. So wird von den Initiatoren auch bewusst aufgefordert, die Werke schon vor der Entscheidung zu veröffentlichen und ‚in die Welt zu tragen'. Das Ergebnis der Jury wird Mitte August bekannt gegeben.
Und das Unkraut: ja ja, ich gebe ja zu, dass ein paar Distelpflänzchen stehen blieben. Dann eben das nächste Mal. Denn weder die Disteln (schade eigentlich) noch der Rasen (zum Glück) schwärmen zur Hälfte weg.
Und bevor Ihr den Gedanken ausgesprochen habt:
Nein Ihr braucht nicht auf die Idee kommen, dass ich in Euren Garten zum Unkraut jäten kommen müsste, um neue Kreativität zu schöpfen :-)
Ich war diese Tage jedenfalls wieder mal selbst erstaunt was einem da während dieser - eigentlich von mir nicht besonders geliebten Tätigkeit - so durch den Kopf geht und welche Ideen und Zusammenhänge da kreiert werden.
Dann hat es also doch irgendwie einen Sinn... das mit dem Unkraut. Gibt es dazu passend nicht diesen Spruch:
"Deutschland, Land der Disteln und Denker“
….
.... Oder so ähnlich
:-)
P.S. Werbung in eigener Sache: Natürlich freue ich mich, wenn das nicht nur bei diesen freien Arbeiten bleibt. Wenn es also Bedarf gibt, an kreativen grafischen oder konzeptionellen Arbeiten, an Fotoshootings z.B. für Paare und werdende Eltern, oder für die - wenn auch momentan kleine Hochzeits- oder Geburtstagsfeier - lasst uns mal sprechen. Ich finde genügend Unkraut um dafür auf besondere, ungewöhnliche und kreative Gedanken zu kommen. Mehr dazu findet Ihr auch unter den
Links hier auf der Website